Antrittsrede des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko

UN
Ursprünglich erschienen auf ukraine-nachrichten.de
Übersetzerin: Ljudmyla Melnyk
12.6.2014
 
 
 
 
Nachfolgend wird die Antrittsrede von Präsident Petro Poroschenko am 7. Juni 2014 vor der Werchowna Rada in ihrem Wortlaut dokumentiert.

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Ukraine

Foto: Anastasia Sirotkina / AP

Liebe Landsleute von Lwiw bis Donezk und von Tschernihiw bis Sewastopol,

wir, die Ukrainer, sind „das lebendige Licht in der Familie europäischer Völker und aktive Gestalter der europäischen Geschichte“, ‒ sagte Iwan Franko.

„Mit Füßen und Herzen in der Ukraine sein, gedanklich aber in Europa“, war das Gebot Mychajlo Drahomanows.

Die Heimkehr der Ukraine nach Europa, wo ihre Wurzeln liegen, war der sehnliche Wunsch vieler Generationen. Die Diktatur, die in den letzten Jahren in der Ukraine herrschte, wollte uns dieser Perspektive berauben – und das Volk erhob sich. Die erfolgreiche Revolution der Würde hat nicht nur die Regierung abgesetzt. Das ganze Land hat sich verändert. Die Menschen sind anders geworden. Es ist an der Zeit für neue positive und nachhaltige Veränderungen. Um diese Veränderungen zu bewirken, brauchen wir in erster Linie Frieden, Sicherheit und Einheit.

Zum Hemmnis der europäischen Modernisierung der Ukraine, vor der sich enorme Möglichkeiten nach dem Zusammenbruch der Tyrannei eröffneten, wurde jedoch ein echter geplanter und angezettelter Krieg im ukrainischen Donbass.

Viele sind bis heute der Meinung, dass die Unabhängigkeit der Ukraine uns mühelos zugefallen ist. Das ist aber nicht wahr! Für unsere Unabhängigkeit, für unsere Souveränität haben ganze Generationen ukrainischer Patrioten gekämpft. Für sie fielen die Helden der Himmlischen Hundertschaft auf dem Majdan. Für sie sterben ukrainische Soldaten und friedliche Einwohner. Daher bitte ich Sie sich zu einer Schweigeminute zum Gedenken an alle, die ihr Leben für die Freiheit und Unabhängigkeit der Ukraine geopfert haben, zu erheben.

(Schweigeminute)

Ich trete den Posten des Präsidenten an, um die Einheit der Ukraine aufrechtzuerhalten, sie zu stärken und den anhaltenden Frieden und die Sicherheit sicherzustellen. Ich weiß, dass das Wichtigste, wonach sich heute das Volk der Ukraine sehnt, Frieden ist. Das Staatsoberhaupt hat ein breites Instrumentarium zur Sicherung der territorialen Integrität der Ukraine und des Lebens ihrer Bürger. An Befugnissen und Entschlossenheit wird es mir nicht fehlen. Ich will keinen Krieg und ich will auch keine Rache, obgleich die großen Opfer, die das ukrainische Volk brachte augenscheinlich sind. Ich strebe nach Frieden und ich werde die Einheit der Ukraine erringen, daher beginne ich meine Arbeit mit dem Vorschlag eines Friedensplans.

Ich fordere ausdrücklich alle dazu auf, die illegal ihre Waffen ergriffen haben, sie niederzulegen. Von meiner Seite garantiere ich erstens, dass alle, die kein Blut ukrainischer Soldaten und Zivilisten an ihren Händen haben, von krimineller Verantwortung befreit werden. Dies betrifft auch diejenigen, die den Terrorismus nicht finanziell unterstützt haben. Zweitens, garantiere ich einen Korridor für Söldner aus Russland, die nach Hause zurückkehren wollen. Drittens, ich garantiere einen friedlichen Dialog. Es ist aber klar, dass keine Rede von einem Dialog mit «Strelok», «Abwehr» oder «Satan» (A. d. Ü.: Spitznahmen der Separatistenanführer) oder anderem Abschaum sein kann.

Es geht um einen Dialog mit den friedlichen Bürgern der Ukraine und auch mit Bürgern, die andere Ansichten als ich in Bezug auf die Zukunft der Ukraine haben. Heute möchte ich mich an die Landsleute im Gebiet Donezk und Luhansk wenden. (Wechsel ins Russische)

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Landsleute,

viele von Ihnen haben bereits die „Vorzüge“ der Herrschaft der Terroristen am eigenen Leib erfahren, die außer Plünderungen und Erniedrigungen der Einwohner, die ohnehin krisengeschwächte Wirtschaft der Region an den Rand der völligen Katastrophe geführt haben. Wir werden Sie aber unter keinen Umständen in der Not alleine lassen.

Die Präsidentschaftswahlen haben mit dem Mythos über die angeblich illegitime Kyjiwer Regierung völlig aufgeräumt. Dieser Mythos wurde durch die russische Propaganda und die Clique von Janukowytsch, der den ganzen Donbass verraten und so ausgeplündert hat, wie kein anderes Gebiet in der Ukraine, geschaffen und pervertiert. Im Gebiet Donezk war er 17 Jahre ununterbrochen an der Macht und jetzt finanziert er die Terroristen. Gerade Janukowytsch trägt die ganze Verantwortung für die politische, soziale und wirtschaftliche Lage der Region. Er trägt die Verantwortung für Arbeitslosigkeit, Armut und Flüchtlinge. Er trägt die Verantwortung für die getöteten Bürger und für die Tränen der Mütter. Continue reading

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