Die destabilisierende Wirkung der leeren Drohungen mit Sanktionen

1402879906

“Den Angreifer nicht füttern! Putin, raus aus der Ukraine!” Einige der Demonstranten vor der russischen Botschaft zertrümmerten am Samstag Abend Autos, warfen Eier usw. auf das Gebäude.

16.06.14 – von Halya Coynash – Charkiwer Gruppe zur Verteidigung der Menschenrechte
(Übersetzung aus dem Englischen)

Am 20. Februar 2014, einen Tag nachdem Dutzende von unbewaffneten Demonstranten in Kyiw von Scharfschützen der Polizei erschossen wurden, kündigte die EU schließlich Sanktionen gegen das Regime des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch an. Rund vier Stunden später stimmte das ukrainische Parlament dafür, die am 19. Februar angekündigte sogenannte Anti-Terror-Operation zu stoppen. Mit letzterer hatte Janukowytsch effektiv den Ausnahmezustand über das Land verhängt, mit Maßnahmen wie weitreichenden Befugnissen für die Sicherheitsdienst [SBU] und die Strafverfolgungsbehörden. Am folgenden Morgen hatte Janukowytsch eine Vereinbarung mit der Opposition unterzeichnet.

Es lässt sich nicht beweisen, dass es die Sanktionen waren, nicht direkt das Blutvergießen, was die elf Abgeordneten dazu bewegt hat, mit einen Schlag die bisher unzerbrechliche Mehrheit der Regierung aufzukündigen und mit der Opposition zu stimmen. Genausowenig können wir mit absoluter Sicherheit sagen, dass der Analytiker mit der Voraussage Recht hatte, dass noch mehr Blutvergießen benötigt würde, um die EU zur Einsicht zu bringen, dass ein entschlosseneres Handeln richtig war. ()

Auf der anderen Seite, markierten die oben genannten Ereignisse das Ende der Tötungen bis zum Zeitpunkt des russischen Einmarsches auf der Krim am 27. Februar. Continue reading

Advertisement

Also, wer sabotiert die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine?

von Halya Coynash – Charkiwer Menschenrechtsgruppe
(Übersetzung von: http://khpg.org/en/index.php?id=1400151717)

1400151870Einen Dialog zu führen, so sind wir gewöhnt, ist immer besser als nicht zu sprechen. Das gilt jedoch nicht, wenn Krisengespräche am “Runden Tisch” dazu dienen, die Einführung von echten EU-Sanktionen gegen Russland zu verschieben, die insbesondere von Deutschland behindert werden. Es gilt auch dann nicht, wenn die Schlagzeilen der internationalen Presse schnell bei der Hand sind, die nahelegen, dass Kyiw solche Gespräche “vorsätzlich behindert, indem es ablehnt, Separatisten einzuladen”.

Die Regierung in Kyiw weigert sich, die pro-russischen Aktivisten einzuladen, es sei denn, sie legen ihre Waffen nieder. Was auch immer für Motive die OSZE und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier in ihrem Drängen auf “Friedensverhandlungen” haben mögen, die Weigerung Kyiws hilft vor allem Russland, und das ziemlich unnötig. Wie viele von den anwesenden Auslandsvertretern wären bereit, mit Männern in Masken und mit Kalaschnikows bewaffnet am Tisch zu sitzen?

Welche Regierung in der Welt wäre bereit, Verhandlungen zu führen, wenn gleichzeitig maskierte Bewaffnete in ein Gymnasium in Luhansk eindringen und der Schulleiterin vor den Augen ihrer Schüler und anderer Mitarbeiter Handschellen anlegen und sie entführen? Alexandra Schewtschenko hatte die Militanten durch ihre Weigerung verärgert, ihre Schule am letzten Sonntag für die Pseudo-Volksabstimmung zu benutzen. Die pro-russischen Kämpfer in Slowjansk haben mindestens drei Geiseln gefoltert und ermordet und halten eine große Zahl von anderen in Geiselhaft. Das gleiche tun auch die Militanten in Luhansk , die am 10. Mai den jungen Aktivisten Mychailo Logwinenko beim Anbringen von Plakaten gegen die Pseudo-Volksabstimmung vom 11. Mai ergriffen. Er ist hier zu sehen , wie er in Ketten öffentlich geschlagen und gedemütigt wird. Das Video wurde von seinen Peinigern selbst gemacht. Bürger-Aktivisten in Luhansk wurden Zeugen, wie Militante mit ihren Händen einen lokalen Händler “überzeugt” haben, ihnen kistenweise Wodka auszuhändigen.

Nach der Organisation von “Volksabstimmungen”, bei denen jedermann mehrfach und ohne Ausweiskontrolle abstimmen konnte und die dann angeblich nahezu 100% Unterstützung für die “Unabhängigkeit” ergaben, baten die Militanten für ihre “Republiken” sofort, Teil der Russischen Föderation zu werden, und sagten, dass es keine Präsidentschaftswahlen geben werde.

Am Mittwoch besetzten pro-russische Aktivisten das von der Bezirkswahlkommission Nr. 111 in Antrazyt (Region Luhansk) genutzte Gebäude. Sie drohten den Wahlausschussmitgliedern und ihren Familien mit Repressalien, falls sie weiterhin die Präsidentschaftswahlen am 25. Mai vorbereiteten. Ähnliche Drohungen gab es gegen Mitglieder des Wahlausschusses in Krasnyi Luch.

Um was geht es also?

Nach der illegalen Annexion der Krim hat Russland pro-russische “Separatisten” bewaffnet und unterstützt, deren erste Handlung nach einer angeblich überwältigenden Mehrheit für die Unabhängigkeit die Bitte nach einem Ansschluss an Russland war. Am Mittwoch begann die selbsternannte “Volksrepublik Donezk” diese Absicht nach öffentlichen – und vielleicht privaten – Aussagen von Moskau abzuschwächen.

Man kann darüber streiten, was als Beweis dienen kann, die EU-Länder wissen jedoch, dass Russland hinter den Problemen im Osten und Süden der Ukraine steht, und dass es versucht, die kommenden Wahlen zu stören. Die Hauptrolle der schwer bewaffneten Militanten scheint im Moment zu sein, die Abhaltung dieser Wahlen zu verhindern.

Durch einen Pseudo-Dialog und den Verzicht auf alle Sanktionen, die diesen Namen verdienen, hat die EU selbst der ins Stocken geratenen Demokratie der Ukraine einen schweren Schlag versetzt – und schürt damit eine Krise, die auch andere Länder in der Region zu verschlingen droht.

Edward Lucas: Putins Verteidiger im Westen ignorieren diejenigen, die Russland am besten kennen

Der estnische Postimees auf Englisch – 8.5.2014 (Übersetzung)
Edward Lucas ist Redaktionschef für Umwelt, Wirtschaftsgüter und natürliche Ressourcen bei der britischen Wochenzeitung “Economist”

Edward Lucas

Sanktionen funktionieren bei Russland nicht: Es ist zu groß, zu reich und sehr auf sich selbst konzentriert. Und wenn sie eingeführt werden, sind sie ohnehin scheinheilig, denn China ist ja noch schlimmer. Der Westen wird am Ende dabei einen Deal machen, so dass wir uns genausogut auch jetzt schon Gedanken darüber machen können. Jedes Gespräch mit dem Regime von Wladimir Putin, dem russischen Präsidenten, kann unangenehm sein. Nicht zu reden wird allerdings verheerende Folgen haben.

So lauten die Argumente derjenigen, die glauben, dass die westliche Politik in Bezug auf die Ukraine grundlegend verkehrt ist, ein Teil einer Spur von Fehlern der letzten 25 Jahre. Wir haben nicht erkannt, dass das moderne Russland ein völlig anderes Land als die Sowjetunion ist. Indem wir Russland als Feind behandelt haben – es erniedrigt, eingeschränkt und ignoriert haben – haben wir es geschafft, es zu einem zu machen.

Die Geschichte lehrt eine andere Interpretation. Wir haben Russland in den letzten 25 Jahren eben nicht gedemütigt. Wir haben uns verbogen, um ihm zu schmeicheln, es zu ermutigen und zu beruhigen. Wir haben in den 1990er Jahren Russland mit Geld übderschüttet, um zu versuchen, eine durch den Zusammenbruch der Sowjetunion ruinierte Wirtschaft zu retten. Wir brachten Russland in die G8 und den Europarat und in das Wartezimmer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, obwohl es weit von der Erfüllung der Normen und Werte einer dieser Organisationen entfernt war. Kurz: wir haben versucht, nett zu sein. Es hat nicht funktioniert.

Continue reading

Ralf Fuecks: … Und in Berlin wird man sehr erleichtert sein, wenn sich Putin mit der Südostukraine zufrieden gibt

Ralf Fuecks: … Und in Berlin wird man sehr erleichtert sein, wenn sich Putin mit der Südostukraine zufrieden gibt.

viaRalf Fuecks: … Und in Berlin wird man sehr erleichtert sein, wenn sich Putin mit der Südostukraine zufrieden gibt.

Мiroslaw Krupej (Lwiw/Lemberg): Soll man auch über einen Mörder keine Strafe verhängen? Die Strafe kann doch die Tatsache des Todes nicht ändern

Мiroslaw Krupej (Lwiw/Lemberg): Soll man auch über einen Mörder keine Strafe verhängen? Die Strafe kann doch die Tatsache des Todes nicht ändern.

viaМiroslaw Krupej (Lwiw/Lemberg): Soll man auch über einen Mörder keine Strafe verhängen? Die Strafe kann doch die Tatsache des Todes nicht ändern.

Keine Handhabe gegen Russland?

Anders Aslund, Wirtschaftswissenschaftler und Ukrainekenner dazu:

[Auszug zum Thema möglicher Sanktionen aus einem längeren Blogbeitrag – siehe Link

“Der Westen hat vor allem vier Mittel, um dies zu tun. Erstens ist “Due Diligence” [etwa: “Dienst nach Vorschrift”] eine unterschätzte Kraft. Durch seine große Wirtschaftsmacht kann Europa alleine durch die strengere Anwendung bestehender Regeln sehr viel bewirken. Nach den normalen Standards sind viele große russische Staatsunternehmen eigentlich als organisierte Verbrechersyndikate zu behandeln – vor allem Gazprom, denn dessen Management und Spitzenbeamte des Staates entziehen dem Unternehmen jährlich etwa 30 Milliarden Dollar. Nach den derzeit geltenden gesetzlichen Normen ist es europäischen Finanzinstituten schon deswegen nicht erlaubt, mit den großen russischen Staatsunternehmen Geschäfte zu machen. Die Vereinigten Staaten haben bereits solche Regeln in großem Umfang implementiert. Continue reading